Die Geschichte
des Waldhof Hackhausen

Ein Kleinod in der Ohligser Heide in Solingen

von Axel Fuesers, verfasst am 7. Juli 1998

Architekt Prof. Paul Schultze-Naumburg (folgend PSN genannt), am 10.6.1869 bei Naumburg a.d. Saale geboren, am 19.5.1949 in Jena gestorben.

1893 gelangte das Land diesseits und jenseits der 1830 ausgebauten heutigen Bonner Straße an den Kommerzienrat Richard Berg sen. und dessen Schwager August von Recklinghausen.

1907 baute PSN, Freund von August von Recklinghausen, das 1887 ausgebrannte Schloß Hackhausen wieder auf.

1910-1912 ließ Eugen Berg den Waldhof erbauen.

1983 wurde des Haus unter Denkmalschutz gestellt.
1983 wurden die damals noch 28 Roßkastanien westlich des Hauses als Naturdenkmale ebenfalls unter Schutz gestellt.
Seitdem gibt es regelmäßige Sanierungsaktionen durch die Untere Landschaftsbehörde, die Kastanien baumpflegerisch zu behandeln. Wegen ihres Alters und infolge von Stürmen stehen heute nur noch 25 Kastanien.

PSN sah es als seine Aufgabe an, die Tradition der Architektur des von Kultur und Anmut geprägten Klassizismus wieder aufzugreifen und den üblen und krankhaften Stilentwicklungen des späten 19. Jahrhunderts Einhalt zu gebieten. Man kann sagen, daß diese Stilentgleisungen in Goethes Todesjahr 1832 begannen.

PSN war nicht der Architekt für Massenwohnungen, sondern für gehobene Bürgerhäuser im Biedermeierstil und Herrenhäuser und Schlösser im neo-klassizistischen Stil – meist mit neubarocken Elementen – so wie das am Waldhof der Fall ist.

PSN liebte die symmetrischen, streng hierarchischen Formen, die sich durch entsprechende Parkgestaltung in der Landschaft fortsetzten. Insofern ist der Waldhof ein Musterbeispiel für die von PSN gewollte Architektur. PSN muß sehr dankbar für diesen Auftrag gewesen sein, weil meine Großeltern ihm gestatteten, Haus und Park so zu gestalten, wie sie seinen Idealen entsprachen. Das hat uns auch seine jüngste Tochter, Eva Castenauer, bestätigt, als sie uns hier 1982 noch besuchte.

Waldhof um 1920
Waldhof um 1920

Diese Symmetrie kommt im Grundriss des Hauses sowie in den deutlich sichtbaren Achsen westlich, östlich und zwei mal südlich des Hauses zum Ausdruck.
Die Hierarchie ist durch die Sandsteinkapitelle des vorderen Mittelrisaliten und den halbrunden Risaliten auf der Ostseite des Hauses geprägt.

Solche Beispiele für die hierarchische und symmetrische Stilform von PSN an Haus und Park zeigen auch

• Schloß Peseckendorf bei Magdeburg,
• Schloß Eckartsbergen bei Bad Kösen,
• Schloß Neudeck bei Herzberg zwischen Berlin und Dresden,
• Schloß Marienthal in Bahrensdorf bei Magdeburg
• sowie einige Wohnhäuser, wie z.B. das Haus Busch in Kirchen a.d. Sieg oder das Kreishaus in Wittlich a.d. Mosel.

Schieferbedecktes Schuppendach – gewöhnlich bei Schlössern – oder Bieber-schwanzziegel sind für die Dächer der von PSN gebauten Häuser typisch.
Ferner die gesproßten Fenster und senkrechte Putzelemente.

Der entscheidende Fortschritt an den Häusern PSN gegenüber dem Klassizismus ist deren Funktionalität. Insofern ging PSN trotz strenger Symmetrie außen auf die Nutzungswünsche seiner Bauherren im Hausinnern ein. PSN strebte einen maximalen Gebrauchswert an und war selbst auch recht erfinderisch. In keinem alten Haus des Klassizismus würde man gleich neben dem Entrée in der Mittelachse des Hauses einen Garderobenraum mit WC für Gäste finden. Badezimmer und Küchen wurden von PSN äußerst funktionell gestaltet, wenn man das an seiner Zeit mißt. PSN war auch der Verfasser zahlreicher Lehrbücher über Architektur. Berühmt wurde er durch seine 9-bändigen Kulturarbeiten und Der Bau des Wohnhauses.

Trotz seiner Aufgeschlossenheit für Technik war PSN ein äußerst konservativer Mensch. Er war ein Widersacher des Expressionismus und des in Weimar begründeten und in Dessau fortgesetzten Bauhausstils (Der Ring) von Gropius und Mies van der Rohe. PSN war 1928 Mitbegründer und Leiter des Blockes, der konservativen Gegenströmung, und übernahm 1930 die Leitung der Hochschule in Weimar. Seine Professur erhielt er bereits 1903.

Park in Ohligs um 1928
Blickbezüge und Axialität des Anwesens, 1928

Typisch für die Parkgestaltung von PSN bei uns sind:

• die 4 bzw. 5 stark ausgeprägten Achsen mit der symmetrischen Anlage der Kastanien- und Lindenalleen,
• die 4 Eckpfeiler an der Straßenseite,
• die Terrassen bildenden Bruchsteinmauern einschl. des Grabens am westlichen Ende, der einen Schutz zur Straße bildet, aber dennoch den weiten Blick nach Westen offen lässt,
• das neubarocke Seerosenbecken,
• das Rondell einer doppelten Hainbuchenhecke (ursprünglich als Promenade gedacht, das ovale Schwimmbad wurde erst ca. 1927 gebaut und zwar in der Größe des ovalen Esszimmers).

Das tiefer gelegene Seerosenbecken wurde etwa 1 Jahr später von PSN architektonisch entworfen und errichtet, um dem Haus optisch mehr Wirkung zu verleihen. Auf den Mauern standen zunächst Blumenkübel, die später durch meine Großeltern durch 4 Putten (Musik, Dichtkunst, Bildhauerei und Malerei darstellende Musen) ergänzt wurden.

An der Südseite führten 2 schmale Treppen und Wege hinab in einen großen Rosen- und Staudengarten, der von 8 Taxus flankiert war, von denen heute nur noch 4 stehen.

In der Gärtnerei jenseits der langen Mauer waren früher die Gemüsebeete von Buxushecken eingerahmt. Das Gewächshaus entstand erst später.
Der ehemalige Tennisplatz, dessen Umrisse im unteren Teil des 4 ha großen Grundstücks heute noch erkennbar sind, ist angeblich aus der Zeit PSN.

Aus der Zeit PSN sind u.a. auch die Fequoia gigantea (im Norden) und die große Blutbuche (im Süden).

Die südliche Terrasse war von einem Schatten spendenden Platanendach überdeckt, an das ich mich noch sehr wohl erinnere. Die Platanen wurden aber in den 50er Jahren entfernt.
Die 4 Linden am südlichen Ende des Gartens sollten ursprünglich Sichtschutz gegen den Schwanenmühler Weg geben. Heute ist die Hecke hoch genug.
Die beiden Ölkrüge auf der Südterrasse stammen aus dem Garten von Axel Munthe in Anacapri. Die beiden Gazellen sind Abgüsse von solchen in Pompeji.
Die Marmorbank am südlichen Ende des Gartens wurde in den 80er Jahren von dem Teepavillon bei Haus Hackhausen geholt. Der heute zu Haus Hackhausen gehörende und gerade renovierte Teepavillon wurde ebenfalls von PSN entworfen.
Die Tanzfläche wurde erst errichtet, als man die beiden schmalen seitlichen Treppen durch eine breite, zentrale Treppe ersetzte.
Der Springbrunnen in der Mitte des südlichen Gartens wurde von meinem Großvater entworfen.

Die beiden Wappen im Dreieck am westlichen Risalit sind die der Familien Berg und Roeder.

Das bekannteste Bauwerk PSN ist der Cecilienhof im Neuen Garten von Potsdam, wo 1945 das Potsdamer Abkommen zwischen den alliierten Siegermächten des 2. Weltkrieges geschlossen wurde.
Wilhelm II erteilte PSN den Auftrag für den Bau des Cecilienhof im Jahr der Vollendung des Waldhof und zwar für seinen ältesten Sohn, den Kronprinzen Wilhelm, und dessen Gemahlin, Cecilie von Mecklenburg-Schwerin. PSN hat den Auftrag in einem Stil ausführen müssen, der ihm selbst gar nicht gefiel, dem Stil des englischen Landhauses. So ist der Waldhof heute nicht nur eines der best erhaltenen Bauwerke von PSN, sondern vielleicht auch sein typischstes – gerade wegen der architektonischen Einheit von Haus und Park.

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Gerne beantworte ich Ihre Fragen zu allen Themen rund um den Waldhof. Ich freue mich über Ihre Nachricht.

Ihre Olga von Gregory